Facilitation-Hacks sind einfache Routinen, Tools und Kniffe für deine Onlineworkshops. Sie helfen dir, jeden miteinzubeziehen und dadurch die kollektive Intelligenz der Gruppe freizusetzen.

Wenn du im Moment nicht die Zeit hast, eine „Training from the Back of the Room“-Schulung oder eine andere Facilitation-Ausbildung zu machen, du aber trotzdem mit einfachen Mitteln allen Teilnehmern deiner Workshops eine Stimme geben willst, dann ist dieser Beitrag für dich. Ich zeige dir 5 Hacks, die ich als „Training from the Back of the Room“-Trainer und langjähriger Professional Scrum Trainer in jedem Training verwende.

Hack #1: Mit einem Fast-Pass den Workshop beginnen

Was ist die langweiligste Art und Weise, einen Onlineworkshop zu beginnen?

Alle warten, bis auch der verspätete Teilnehmer eingetroffen ist. Dann versuchen alle gemeinsam das Technikproblem einer Person zu lösen. Nun stellt sich der Trainer vor und lässt dabei keine seiner zahlreichen Erfolge in der Vergangenheit aus. Am Ende der Vorstellung erhält nun jeder Teilnehmer reihum das Wort und muss sich auch vorstellen. 

Ich finde, diese Art, einen Workshop zu beginnen, ist eine Verschwendung der gemeinsamen Lernzeit. Natürlich sollte sich der Trainer im Training vorstellen und die Teilnehmer müssen auch genug Gelegenheit erhalten, um sich kennenzulernen, aber muss es wirklich so sein, dass nur einer spricht und alle anderen zuhören? Ich glaube nicht. 

Deshalb beginne ich jeden Workshop oder jedes Training mit einer Fast-Pass-Aktivität. Dazu bin ich schon vor dem offiziellen Beginn im Zoom-Meeting und öffne einige Break-out-Sessions. Wenn ein Teilnehmer Zoom betritt, heiße ich ihn willkommen, stelle sicher, dass er gut zu sehen und zu hören ist, und lade ihn ein, die anderen Teilnehmer kennenzulernen, indem ich ihn auffordere, einer Break-out-Session beizutreten, in der bereits andere Teilnehmer sind. In jeder Break-out-Session befinden sich maximal vier Personen und sie haben etwa 15 Minuten Zeit, eine relevante Frage für den Workshop zu beantworten. Im Professional Scrum Master Training lautet die Frage: „Wie lauten die 5 Scrum Werte und was ist die Verantwortung eines Scrum Masters?“ 

Die Fast-Pass-Aktivität ist somit ein einfacher Hack, um das Vorwissen zu aktivieren, welches die Teilnehmer zu einem Thema bereits mitbringen. Sie gibt den Teilnehmern zusätzlich die Gelegenheit, Schritt für Schritt die anderen Teilnehmer kennenzulernen. 

Hack #2: Mit Flipped-Working-Agreements die Erfolgsfaktoren für Onlineworkshops sichtbar machen

Wir sind uns einig: Die Grundlage für einen erfolgreichen Workshop ist, dass jeder die Kamera eingeschaltet hat, Fragen stellt und für seine Antworten nicht kritisiert wird. 

Wenn ich als Workshop-Facilitator diese Dinge vorlese und alle auffordere, sie umzusetzen, wird das nicht unbedingt dazu führen, dass sich jeder im Workshop wohlfühlt. Im Gegenteil: Es kann sogar dazu führen, dass sich Teilnehmer nicht mehr beteiligen, oder noch schlimmer, dass sie sich nicht sicher fühlen.

Damit meine ich: Es herrscht keine psychologische Sicherheit.

Der Begriff „psychologische Sicherheit“ geht auf Professor Amy dmondson zurück und bezeichnet die „gemeinsame Überzeugung der Teammitglieder, dass das Team sicher ist, um zwischenmenschliche Risiken einzugehen“. Er wird als Schlüsselfaktor für Teamlernen und Hochleistungsteams angesehen. 

Genau so ein Umfeld benötigen wir für erfolgreiche Workshops, die jeden miteinbeziehen. Mein Rezept dazu lautet: Flipped-Working-Agreement.

Statt den Teilnehmern zu sagen, wie sie sich verhalten sollen, gehe folgendermaßen vor: 

Schritt 1: Lade die Teilnehmer ein, die Antwort auf folgende Frage zu notieren: „Wenn du an deine letzten Onlineworkshops und Meetings zurückdenkst, was waren die Dinge, die sie unerträglich gemacht haben? Nimm bei der Beantwortung kein Blatt vor den Mund!“

Schritt 2: Bitte sie nun, die Antworten umzudrehen. Nach meiner Erfahrung kommen dann „Fragen stellen“ und „für Meinungen nicht verurteilt werden“ immer zur Sprache. 

Schritt 3: Hebe die Punkte, die aus deiner Sicht für einen erfolgreichen Workshop notwendig sind, gezielt hervor. Der Unterschied ist jetzt, dass die Ideen nicht von dir gekommen sind. Menschen fällt es leichter, ihren eigenen Vorstellungen und Überzeugungen zu folgen.

Flipped-Working-Agreements sind ein einfacher Hack, um die Faktoren für einen erfolgreichen Workshop zu finden, ohne sie dabei vorgeben zu müssen.

Hack #3: Durch ein Quiz spielerisch Fakten vermitteln

Workshops zur Definition of Done oder dazu, wie wir das Sprint Review einladender gestalten können, vereint häufig, dass wir als Facilitatoren ein Mindestmaß an Content vermitteln oder wiederholen müssen.

Allerdings lautet die bittere Wahrheit für Facilitatoren: Wer am meisten spricht, der lernt am meisten. 

Deshalb sollten wir bei der Vermittlung von Content unbedingt andere Wege wählen als einen Vortrag. Nichts ist dabei besser geeignet, als wenn wir es schaffen, Emotionen bei dem Teilnehmer zu wecken. Wenn es um die Aufnahme neuer Informationen geht, schlägt nichts Kontraste und Emotionen, wie Eric Jensen in „Brain-Based Learning“ schreibt.

Ein Quiz ist eine einfache und zugleich lustige Art, um Content zu vermitteln.

 

 

Dieses Beispiel ist aus meinem Professional Scrum Product Owner Training. Dort müssen die Teilnehmer mit ihren Händen entscheiden, ob es sich bei den präsentierten Aussagen um Elemente einer Definition of Done, ein Sprint-Ziel oder Akzeptanzkriterien handelt. 

Mit einem Quiz theoretische Inhalte zu vermitteln, um die nötigen Grundlagen für den weiteren Workshop zu legen, ist ein einfacher Hack, damit die Lerner die Motivation nicht verlieren. 

Hack #4: Mit X-Fakten wirklich jeden einbeziehen 

Du möchtest, dass sich nicht immer nur die gleichen Teilnehmer zu Wort melden?
Du willst überprüfen, was die Teilnehmer des Workshops zu diesem Thema gelernt haben?
Du willst nicht, dass die peinliche Stille entsteht, wenn du fragst: „Gibt es noch Fragen?“

Dann solltest du „X-Fakten“ verwenden. Diese Methode funktioniert wie folgt:

Angenommen, du hast gerade etwas Content zu einem Thema vermittelt und im Workshop befinden sich sechs Personen.  

Als Erstes bittest du einen Teilnehmer, dir eine Zahl zwischen 6 und 12 zu nennen. Sagen wir, die Antwort lautet „8“.
Dann bittest du im zweiten Schritt die Teilnehmer, dir acht Fakten zu nennen, die sie von deiner Präsentation noch in Erinnerung haben. Jeder Teilnehmer darf nur eine Tatsache nennen und sich erst dann wieder zu Wort melden, wenn alle anderen eine Antwort gegeben haben. 

X-Fakten habe ich von Sharon Bowman, der Gründerin von „Training from the Back of the Room“, gelernt. Für mich ist dieser Hack unschlagbar, wenn es darum geht, zu überprüfen, was sich die Teilnehmer merken konnten. 

Hack #5: Mit „gemeinsamem Zeichnen“ den Teilnehmern einen Kick verpassen

Das Gehirn speichert Bilder länger als reine Wörter.

Deshalb sollten wir nach John Medina, dem Autor von „Brain Rules“, das Erstellen von Bildern in unseren Facilitation-Methodenkoffer aufnehmen. Die Darstellung von Konzepten mit Bildern ist eine der wirksamsten Methoden, um Informationen vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis zu übertragen. Aus meiner Erfahrung hat das gemeinsame Visualisieren von Informationen noch einen weiteren unschlagbaren Vorteil: Es sorgt für Spaß bei den Teilnehmern. Lachen wirkt auf das Gehirn wie die Einnahme von Genussmitteln. Die Endorphinausschüttung, die dabei entsteht, gibt uns einen Kick. 

Informationen nicht nur aufzuschreiben und auszusprechen, sondern auch zu zeichnen, ist der Spitzenreiter unter den Hacks und eignet sich zu jeder Zeit in deinem Workshop.

Welchen Facilitation-Hack wirst du in deinem nächsten Workshop verwenden? Schreib ihn in die Kommentare!

 

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