Was haben die folgenden Gespräche gemeinsam?

Der Scrum Master rät dem Projektleiter, die Budgetverteilung mit dem Product Owner zu besprechen. Nur so kann er den Wert des Produkts maximieren.
Der Scrum Master erklärt dem Teamleiter, dass Teamziele förderlicher für den Teamzusammenhalt sind als Jahresziele jedes Einzelnen.
Der Scrum Master bittet die Mitarbeiter aus der Personalabteilung, in Stellenanzeigen die Teamfähigkeit zu erwähnen.
Der Scrum Master verteidigt gegenüber dem Vertriebsmanager, warum das Team keine Story-Point-Schätzungen mehr an die Kunden kommuniziert.

Das alles sind schwierige Gespräche.

Schwierige Gespräche zeichnet aus:

Die Gesprächspartner haben unterschiedliche Ansichten.
Es sind Emotionen im Spiel.
Es steht viel auf dem Spiel für die Personen.

Führst du als Scrum Master Gespräche über Veränderungen, sind diese Gespräche schwierig.

Aussagen wie: „Das haben wir schon immer so gemacht“, sind ein Anzeichen dafür, dass es unterschiedliche Ansichten gibt. Eine solche Aussage: „Das ist nicht mein Fehler, mich trifft keine Schuld!“, belegt, dass Emotionen im Spiel sind. Wenn das Ergebnis des Gesprächs mehr Arbeit oder einen Machtverlust bedeutet, dann steht auch viel auf dem Spiel.

Gespräche über Veränderungen sind der Alltag erfolgreicher Scrum Master.

Erfolgreiche Scrum Master sehen ihre Aufgabe nicht darin, Meetings zu moderieren. Sie verändern Unternehmen, damit ihr Team besser mit Scrum arbeiten kann. Unerfahrene Scrum Master, die zwar diese Verantwortung verstanden haben, begehen dabei häufig den gleichen Fehler: Sie verstehen nicht, was das Ziel eines Gesprächs über Veränderung ist. Sie denken, es geht darum, die Dinge „agil“ zu machen, und tun die aktuelle Arbeitsweise als „nicht agil“ ab. Das ist nicht das Ziel eines Gesprächs über Veränderung. 

Das eigentliche Ziel ist:

Unter allen Umständen im Dialog zu bleiben!

Der Schlüssel zu Veränderungen liegt im Verständnis der menschlichen Psychologie. Menschen sehnen sich nach dem Vertrauten. Sie suchen Zuflucht in dem, was sie kennen. Tief in unserem Unterbewusstsein ist eingraviert: Gleichklang bedeutet Sicherheit und Veränderung bedeutet Gefahr. Deshalb fällt es so schwer, mit einer Gewohnheit zu brechen. Selbst, wenn wir wissen, dass sie schädlich ist. Eine Veränderung bedeutet immer einen Bruch mit einer alten Gewohnheit und das Erlernen einer neuen Gewohnheit.

Erfolgreiche Scrum Master sind geduldig, sie wissen, dass Veränderung Zeit benötigt. Sie beweisen diese Geduld, indem sie in Gesprächen mit Stakeholdern über Veränderungen unter allen Umständen im Dialog bleiben. An der Dialogfähigkeit kannst du erkennen, wie professionell ein Scrum Master wirklich ist.

Das wichtigste Tool, die Kommunikationsstrategie und -technik, die mir geholfen haben, meine Dialogfähigkeit zu entwickeln, verrate ich dir jetzt.

 

Was ist das wichtigste Tool, um sich auf einen Dialog vorzubereiten?

Veränderung ist kein Egoprojekt.

Willst du als Scrum Master im Dialog bleiben? Dann frage dich zuerst: „Was will ich für den anderen?“ Und: „Was will ich für unsere Beziehung?“ Die Fragen: „Was will ich?“, und: „Was will ich nicht?“, kommen danach. Um diese Fragen zu beantworten, hilft dir das Empathy-Map-Canvas.

Das Empathy-Map-Canvas ist eines der wichtigsten Werkzeuge für Veränderung. Deshalb unterrichte ich es auch im Professional-Scrum-Master-2-Training – einem Training für fortgeschrittene Scrum Master.

Mit dem Empathy-Map-Canvas kannst du die Welt aus den Augen deines Gegenübers sehen.

Um wen geht es? (Situation, Rolle)
Was sollte diese Person tun? (Aufgaben, Verantwortungen, Entscheidungen)
Was sieht sie? (Direktes Umfeld, Kollegen, Unternehmen, Markt)
Was sagt sie? (Aussagen, geschriebene Kommunikation)
Was tut sie? (Verhalten, Aufgaben)
Was hört sie? (Kollegen, Vorgesetzte, Teammitglieder, Medien)
Was denkt und fühlt sie? (Ängste, Frustrationen, Träume, Wünsche, Motivationen)

Mit der Beantwortung dieser Fragen bereitest du dich gut auf ein schwieriges Gespräch vor.

Zum einen hilft es, im Dialog zu bleiben. Der Canvas hilft dir, aus der „Ich gegen dich“-Haltung herauszukommen und stattdessen die Beziehung in das Zentrum zu stellen. Zum anderen liefert er dir offene Fragen, die du im Gespräch stellen kannst. Menschen neigen dazu, Situationen zu sehr zu vereinfachen. Du wirkst dem entgegen, indem du mehr Fragen stellst als Aussagen triffst.

Was ist die wichtigste Kommunikationsstrategie, um im Dialog zu bleiben?

Veränderung bedeutet Gefahr.

Damit dein Gesprächspartner sich nicht gefährdet fühlt, musst du Sicherheit erzeugen. Dies gelingt besonders gut, wenn du es schaffst, eine verständnisvolle Atmosphäre aufzubauen. Eine Umgebung, in der die Person das Gefühl hat, dass ihre Meinung zählt. Je mehr Gemeinsamkeiten du mit deinem Gegenüber hast, desto offener sprecht ihr miteinander. Ängste und andere Emotionen können sich schwieriger ins Gespräch schleichen.

Deshalb lautet die Kommunikationsstrategie in einem Gespräch über Veränderung: Finde Gemeinsamkeiten.

Was verbindet dich und deinen Teamleiter in eurem Unternehmen?
Welche Gemeinsamkeiten hat deine Arbeit als Scrum Master und die Arbeit der Kollegen in der Personalabteilung?
Was möchte der Projektleiter für seine Karriere, was du auch für deine möchtest?

Persönliche Gemeinsamkeiten sind ein guter Startpunkt, um eine sichere Gesprächsatmosphäre aufzubauen. Allerdings ist die mit Abstand wichtigste Zutat für ein angstfreies, erfolgreiches Gespräch über Veränderung ein gemeinsames Ziel. Die Gesprächspartner fühlen sich sicher, wenn sie gemeinsam an einer Lösung arbeiten und vom jeweiligen Gegenüber respektiert werden.

Es ist nämlich so: Gibt es ein gemeinsames Ziel, ist das Gespräch nicht mehr schwierig. Wenn das gemeinsame Ziel nicht unbedingt auf der Hand liegt, dann musst du eins schaffen.

Somit ist die Kommunikationsstrategie Nummer 1 in einem schwierigen Gespräch: Finde ein gemeinsames Ziel.

Welche Kommunikationstechniken helfen, um im Dialog zu bleiben?

Zusätzlich zu einer ausgiebigen Vorbereitung auf das Gespräch und der Suche nach einem gemeinsamen Ziel helfen vier Kommunikationstechniken, schwierige Gespräche zu meistern.

Trenne Fakten von Interpretationen. Beginne immer mit den Tatsachen. Beobachtbares ist am wenigsten strittig. Deshalb solltest du damit beginnen. Erst wenn dein Gesprächspartner diesen Tatsachen zustimmt, kannst du deine Interpretation dieser Fakten erläutern.
Kontrastiere jede Interpretation. Das gesprochene Wort lässt noch viel Raum für Interpretation. Schränke diesen Raum ein, indem du jeder Interpretation einen Kontrast hinzufügst: „Damit will ich nicht sagen …“
Herantasten. Bei schwierigen Gesprächen sind immer Emotionen im Spiel. Deine Interpretation, auch wenn du sie noch so gut kontrastierst, wird Gefühle beim Gegenüber wecken. Leider führt ein emotionaler Ausbruch dazu, dass wir nicht mehr klar denken können. Deshalb schwäche jede Interpretation ab. Also nicht: „Jeder weiß doch …“, sondern: „Ich frage mich …“ Außerdem solltest du dem Gesprächspartner die Möglichkeit zum Widerspruch geben: „… oder sehe ich das falsch?“
Nächsten Schritt festlegen. Betone am Ende eines schwierigen Gesprächs die bisherigen Fortschritte und vereinbare einen konkreten nächsten Schritt. Dabei kann es sich nur um einen Termin für die Fortsetzung des heutigen Gesprächs handeln. Das oberste Ziel bei Gesprächen über Veränderung ist, im Dialog zu bleiben! Und das hast du damit erreicht.

Warum solltest du schwierige Gespräche suchen?

Überwinde dich zu schwierigen Gesprächen.

Denn: Der  geschickte Umgang mit schwierigen Themen ist ausschlaggebend für Veränderung. Es bedeutet, die Komfortzone des Meeting-Moderator-Scrum-Masters zu verlassen und in die Rolle eines „Change Agent“ zu schlüpfen. Mehr noch: Scrum Master, die schwierige Gespräche erfolgreich meistern, beweisen echte Führungsqualitäten.

Somit sind schwierige Gespräche das Sprungbrett für deine Karriere als Scrum Master. Suche sie!

 

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